Tage 37-41 / Goodbye Etappe 2

Tag 37 / 9. Oktober 2023

Wie wir freuen uns, dass wir in unserem schönen Bungalow endlich mal ausschlafen können. Draußen regnet es ununterbrochen. Juhuuu!!

Wir bekommen von unseren rührenden Gastgebern ein leckeres Frühstück mit Spiegelei und Speck direkt an die Haustür geliefert. Dazu noch Toast mit Marmelade, Aufschnitt und Käse (mit deutscher Flagge drauf). So viel Komfort hätten wir garnicht erwartet. Schließlich wohnen wir hier nicht im Hotel.

Philip serviert einen zweiten Kaffee heute Morgen, den er selbst aufgegossen hat. Der Kaffee ist qualitativ deutlich näher an dem heißen Glas Wasser, das Claudius am Mount Everest in aller Herrgottsfrühe getrunken hat, als an dem Kaffee, den unser Herbergsvater heute Morgen als ersten serviert hat. Aber Philip ist halt immer besorgt, dass Claudius keine Herzprobleme bekommt! Als Carsten uns in unserem Chateau besucht, haut Claudius Philip natürlich sofort mit dem Kaffee in die Pfanne. Seine Entschuldigung oder Erklärung: Der Kaffee war etwas heller geröstet als der andere…

So machen wir uns gestärkt daran, einen Bericht nach dem andern fertig zu stellen. Wir sind nämlich ziemlich hinten dran. In China konnten wir nicht, in Nepal hatten wir wirklich viel zu organisieren und keine Zeit und in Thailand waren auch die Tage mit Motorradfahren mehr als nur ausgefüllt und die Abende mit guten Gesprächen….UND in diesem Satz gibt es zu viel „und“! Na und?

Also machen wir un(d)s ans Werk. Claudius sitzt auf dem Sofa und diktiert die Berichte so farbenfroh und vollständig vor wie möglich – also alles was seine tagtäglichen Aufzeichnungen hergeben. Philip sitzt am Schreibtisch, ergänzt oder korrigiert die Berichte mit scharfer Zunge und bekanntem Witz und fügt die Fotos ein. Final gibt es noch ein abschließendes Lektorat von Claudius und Philip schickt die Berichte in die Welt hinaus!

Während des Schreibens hier in Chang Mai beschwert sich Philip immer wieder, dass regelmäßig ganz kleine Ameisen über den Schreibtisch laufen. Die ganz großen findet man übrigens auf dem Boden. Willkommen in den Tropen! Für solches Viehzeug hat er keinen Sinn, man kann wohl eher von Abneigung sprechen. Claudius lässt das völlig kalt. Die Tigerpythons, die zahlreich in dem Reisfeld vor unserem Haus leben sollen, möchte Philip am liebsten dort belassen. Claudius hingegen als ehemaliger Schlangenbesitzer würde Geld dafür auf den Tisch legen, ein kapitales Exemplar auf oder vor der Terrasse oder im Swimmingpool begrüßen zu dürfen!

Als wir um 17:00 Uhr immer noch nicht das Haus verlassen hatten und ununterbrochen an unseren Berichten arbeiten, sind die zeitweiligen Besuche von Carsten immer eine willkommene Abwechslung. Wir quatschen über Gott und die Welt und danach geht es weiter mit den Berichten. Meist ist auch irgendwas essbares mit dabei, vorhin waren es thailändische Tiefkühlgerichte, für Claudius unseren Asien-Gourmet der Himmel auf Erden.

Wieder gegen 22:30 Uhr zurück im Haus, nahm Claudius noch ein nächtliches Bad im Pool. In der Hoffnung auf tierischen Besuch schlich er sich ganz leise in der Dunkelheit an. Große Enttäuschung, keine Schlange, nicht mal ein Frosch war zu erspähen.

Kurz vor Mitternacht setzen wir uns noch auf die Terrasse auf eine Zigarre! Schnell kommt ein schönes und kurzweiliges Gespräch in Gange. Claudius möchte nur aus Höflichkeit KURZ Philips Fazit von der Reise hören. Umgekehrt genauso. Das wesentliche Ergebnis sprudelt sofort parallel aus uns heraus: Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, langsamer zu reisen, mehr zu sehen und uns auch mal Zeit zu nehmen. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Durch die Reise mit anderen in einer Gruppe waren wir „gezwungen“, zu viele Stunden und jeden Tag auf dem Motorrad zu sitzen, zügig zu fahren und immer mehr Kilometer abzuspulen, als es sonst unserer „Rumpfgeschwindigkeit“ entspricht. Diese Art des Reisens war dem Umstand geschuldet, dass wir zumindest durch China nicht alleine reisen konnten. Auch die Tage mit Carsten waren kilometermäßig und fahrerisch relativ zügig. Wir sind uns einig, dass wir hier gerne im nächsten Jahr einen niedrigeren Gang einlegen wollen.

Dann haben wir noch über Ausrüstung ausführlich gesprochen. Wollen wir nächstes Jahr wirklich wieder mit den schweren, aber wirklich sehr luftigen Anzügen fahren oder nehmen wir uns ein Beispiel an Carsten, der nur mit einem Protektorenhemd mit Jersey drüber fährt? Also die Sicherheit ist natürlich oberste Priorität, aber vielleicht gibt es Alternativen, die dem südasiatischem Klima besser angepasst sind. Das werden wir mal überdenken. Außerdem sind wir beide der Meinung, dass wir zumindest in Süd-Ost-Asien keine Campingausrüstung mitschleppen müssen, weil es überall kleine Hotels gibt, so wird schon mal ein Koffer frei und wir haben locker 12-15 kg weniger Last auf den Eseln. Auch viele warme Klamotten werden wir mit nach Deutschland und sehr wahrscheinlich in den nächsten zwei Jahren auch nicht wieder mit auf Tour nehmen. Regenschutz ist in Süd-Ost-Asien sehr wichtig, oder wollen wir uns weiterhin nass regnen lassen?

Nächstes Thema bei abendlicher Zigarre: Wir sind gespannt, wo wir nächstes Jahr unser „ Winterlager“ für die Motorräder insbesondere zolltechnisch aufschlagen können. Geplant war die Südspitze von Indonesien. Aber zwischenzeitlich haben wir die Information bekommen, dass wir es voraussichtlich in 6 Wochen nicht bis an die Südspitze Indonesiens schaffen würden, weil das Insel-Hoping mit den Fähren so viel Zeit benötigt. Es gibt dort nämlich keine Autofähren. Die Motorräder müssen individuell auf das Dach von Personenfähren gehievt werden. Nach solchen Transportmöglichkeiten muss man im Internet und vor allem dann vor Ort individuell suchen. Auf jeden Fall wollen wir auch nicht auf Teufel komm raus nach Süden vordringen, sondern Thailand, Laos, Kambodscha und Malaysia so intensiv wie möglich und gleichzeitig so zügig wie möglich bereisen und nicht nur durchfahren. Dazu sind diese Länder zu schade! Wir möchten uns später nicht vorwerfen müssen, hier etwas verpasst zu haben. Für Nepal hatten wir zum Beispiel gar keine Zeit. Wir reden es uns aber damit schön, dass die Straßen dort so katastrophal waren, dass das Reisen mit unseren alten und schweren Maschinen nur bedingt angenehm war. Einige unserer Polen sind ja noch in die Region Mustang in Nepal gefahren. Über den WhatsApp-Chat konnten wir tagtäglich live miterleben, wie mühselig die Straßen und auch das Wetter waren.

Das Wetter ist bei Motorradreisen das A und O – wen wundert es. Auch der Reisezeitpunkt in 2024 wird sich zwangsweise nach der Regenzeit in den verschiedenen Regionen richten müssen. Da müssen wir nochmal genau recherchieren.

Heute Abend finden wir kein Ende und gucken uns dann auch noch die Videosequenzen an, die Carsten während unserer Fahrt mit der GoPro aufgenommen hat. Aber um 2:30 Uhr machen wir dann das Licht aus.

Tage 38 – 41 // 10.Oktober bis 13. Oktber 2023

Das Ende ist nah! Wir haben haben das Etappenziel erreicht und bereiten nun unsere Abreise sukzessive vor. Am Freitag, den 13. Oktober um 20:00 fliegen wir wieder in die Heimat.

Wir verbringen die letzten Tage hier bei Carsten und seiner Familie wirklich wie im Urlaub. Frei nach Harald Juhnke: Keine Termine und leicht einen sitzen! Wir stehen nicht unmenschlich früh auf, frühstücken und arbeiten die letzten Sachen auf unserer Orga-Liste ab. Carsten erklärt, wenn wir weg sind, wird hier in unserem Ferienhaus alles ausgegast. Er wird seine Erfahrung haben und sicherlich auch eine gute Beobachtungsgabe … wir hingegen empfinden uns wieder als sehr gepflegt und unsere Probleme mit Parasiten halten sich sehr in Grenzen 🙂

Wir gönnen uns eine herrliche Massage, in dem von seiner Frau geführten Massagesalon und machen auch noch einen abendlichen Ausflug nach Chiang Mai „down town“, wo wir mit gutem Essen, leckeren Drinks und Musik noch etwas Stadtluft schnuppern. Jetzt haben wir auch auf dieser Etappe „unseren Harriet“ gefunden. Ein junger Mann, den wir in Bangkok am Flughafen beim Geld ziehen kennengelernt hatten, steht uns hier in Chiang Mai schlappe 800 km entfernt erneut gegenüber…. Harriet war zur Erinnerung die junge Frau, die mit ihrem Freund auf dem Fahrrad unsere Tour machte und die wir unabgesprochen gleich dreimal in unterschiedlichen Städten Usbekistans wieder trafen. Wir kommen in der Nacht zurück und stellen fest, dass wir einen Gecko im Haus haben. Als er seinen typischen Laut von sich gibt, fragt Philip: Will der jetzt raus? Claudius: „Ja, geh mal mit ihm Gassi. Leine und Halsband hängen neben der Tür!“

In den nächsten Tagen machen wir noch mit Carsten eine kleinen aber sehr herrlichen Ausritt mit den Motorrädern in die umliegenden Berge. Wir fahren diese Strecken ganz ohne Gepäck und stellen fest, dass nun die Federung eher ruppig ist, aber die Biester gehen aufgrund des geringeren Gewichtes, als wenn ein mittleres Motortuning stattgefunden hätte.

Am Mittwoch sind wir abends noch zu Gast in einer bekannten Motorradbar hier in Chiang Mai (Rider’s Corner). Carsten hatte das organisiert, denn es kommt ja nicht alle Tage vor, dass zwei Deutsche mit eigenen Motorrädern aus Deutschland in Thailand ankommen. Schon gar nicht mit Maschinen die 30 bzw. 35 Jahre alt sind. Wir führen sehr nette Gespräche und können auch hier unser Netzwerk an guten Geistern und helfenden Menschen erweitern. Sogar einen Kontakt nach Perth/ Australien haben wir nun schon – auch wenn das eigentlich nicht direkt auf der Route liegt.

Die Motorräder werden ein letztes Mal gewaschen, die Liste der Teile und Servicearbeiten nochmal durchgegangen und ergänzt, dann ist es auch schon soweit. Freitag 13:00 Uhr. Alle Punkte sind abgehakt. Die Motorräder stehen bei Carsten in der Garage, die Motorradkoffer enthalten nur das nötigste und unsere Taschen sind gepackt. Noch 5 Stunden bis der Flieger geht. Das Mittagessen fällt etwas größer aus als geplant, denn der bestellte Burger hat etwa die Größe eines Wagenrades. Aber die Spareribs, die Claudius noch dazu bestellt hatte, sorgen dann dafür, dass wir einigermaßen satt werden konnten.

Wir werden leicht wehmütig, aber freuen uns auch nach mittlerweile knapp 6 Wochen des „Overlanderlebens“ wieder zu unseren Lieben zu Hause und in unsere Welt zurückzukehren. Wir verlassen Thailand mit dem berühmten lachenden und weinenden Auge, aber wir freuen uns auch auf 2024 – auf die Etappe 3 und alles was dann kommt.

Danke an Euch alle fürs Lesen und Kommentieren! Stay tuned, wie man auf norddeutsch sagt, bis es wieder heisst:

GOODBYE COMFORTZONE


Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. Stork

    Ich danke für die tollen Fotos und Berichte – ein genialer Event!

  2. Jürgen Grieschat

    Sehr schön, einen guten Rückflug und willkommen zu Hause!

  3. Alexandra

    Wahnsinn!!! Wir danken euch für diese fantastischen Berichte und die unglaublich beeindruckenden Bilder! Irgendwie hat man fast ein wenig den Eindruck, man würde mitreisen 😉 Aber ganz geneial, dass man dann im eigenen Bett ohne Ameisen, sonstiges Getier und frei von fremden schwarzen Haaren schlafen darf.
    Ihr betont ja immer, ihr seid Kontrollfreaks. Aber so 100%ig ist das nicht korrekt. Ihr begebt euch fast täglich auf für euch unbekanntes Gebiet, mit all seinen unkontrollierbaren Überraschungen, Tücken, Einwohnern und seltsamen kulinarischen Angeboten und vieles mehr. Das ist bemerkenswert und ich bewundere euch dafür.
    Claudius, du bist wohl echt ne Wasserratte. Kein Pool ist vor dir sicher.
    Kommt gut Heim! Ich freue mich auf euch!

  4. Werner

    Vielen Dank ?? es war ein Fest für mich!
    Lieben Gruß Werner

  5. Christoph

    Vom Feinsten, was Ihr uns mitteilt. Gut, dass Ihr diese bewegte und uns bewegende Reise unternommenen habt. Ihr bringt uns Länder und Menschen näher, zu denen wir ohne Euch nie Kontakt bekommen hätten. Ich zumindest nicht.
    Dafür sage ich „Danke“. Ich fühle mich so, als würde ich als Beifahrer bei Euch hinten als Beifahrer mit auf dem Motorrad sitzen.
    Reist gut weiter und kommt gesund und voller neuem Tatendrang zurück nach HH!
    Herzlichst
    Christoph

  6. Armin

    Freue mich schon auf eure nächste Etappe. 🙂

  7. Anonymous

    Schön, euch bei der Reise so begleiten zu dürfen. Kommt gut zurück an die Elbe!

  8. Hermann

    … und lasst uns gerne mal treffen. Und wenn die Motorradsehnsucht zu groß wird, steht die Q188 bei mir in der Garage.

  9. Anonymous

    … einfach großartig, danke!!!

  10. Anonymous

    …hatte vergessen das Häkchen für speichern zu setzen… also noch einmal danke für die tollen Berichte!!!

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