Tag 6
Der Morgen des nächsten Tages begann wie immer mit Sonnenschein. Nach einem hervorragenden Frühstück mit Brot und Pommes 🙂 verabschiedeten wir uns von unseren unglaublich herzlichen Wirtsleuten. Wie immer in der Türkei wurden wir bekniet, unbedingt gute Bewertungen abzugeben. Und zwar nicht nur eine für beide, sondern jeder sollte eine Bewertung abgeben.
Die Fahrt nach Samsun verlief ohne berichtenswerte Ereignisse. Um wirklich Strecke zu machen, legten wir jeweils mindestens 150 km bis zur nächsten Pause zurück. Nach 150 km ist das auch nötig, denn der Hintern schmerzt dann langsam und die Knie freuen sich zusammen mit dem Rücken auf Bewegung.
Das Ziel der heutigen Etappe lautete Samsun. Über booking.com konnten wir von unterwegs unsere Unterkunft buchen. Der Schnäppchenfaktor war kaum zu übertreffen: Wir buchten zwei Zimmer in einem Ramada Hotel direkt am Hafen. Die Zimmer waren riesig und sehr modern ausgestattet. Das ganze Hotel schien uns sehr neu. Gäste gab es fast keine, was uns etwas wunderte. Der Hammer aber war der Preis von 36 € pro Zimmer und Nacht inklusive Frühstück und Tiefgaragenstellplatz für die Motorräder. Der Service war unglaublich bemüht, aber teilweise auch etwas konfus. Beim einchecken dauert es locker 30 Minuten und uns wurde erst mal in der Wartezeit ein türkischer Kaffee angeboten.
Tag 7
Beim Frühstück sprach uns dann ein ein Herr im Jogginganzug an. Er entschuldigte sich für seinen Aufzug und gab sich als General Manager des Hotels zu erkennen. Er berichtete, dass das Hotel gerade in der Pre-Opening-Phase sei und alle würden quasi noch üben. Und beim anschließenden beladen der Motorräder sah eher dann plötzlich nach einem Mann von Welt aus. Und JA, wir bewerten das Hotel natürlich mit zehn Punkten und nicht nur einer, sondern beide!!! Kennen wir ja!
Nach einem kleinen Service in der Tiefgarage (Ölstand, Zündkerzenbild und allgemeine Sichtprüfung – OH: etwas Öl unten an Philips‘ Motor…) starteten wir in Richtung Georgien. Uns war klar, dass wir die gut 500 km an diesem Tag wohl nicht schaffen würden.
Die Fahrt ging über eine Küstenstraße am schwarzen Meer entlang. Autobahnabschnitte wechselten sich ab mit Schnellstraßen, die immer wieder durch kleinere und größere Ortschaften führten. In diesen wurde dann die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 und dann 50 Km/h reduziert. Man fährt hier dann aber gerne zwischen 80 und 100 Km/h – das fällt dem Gesetzestreuen anfangs etwas schwer, aber man gewöhnt sich dran.
Auf der Strecke begegnete uns eine kunterbunte „Ente“ aus Marburg und ein Auto aus Köln. Wir müssen schon ziemlich weit von zu Hause sein, denn wir freuten uns tatsächlich Deutsche zu sehen. Und die begrüßen uns auch mit einem kleinen Hupkonzert. An anderer Stelle kreuzt die Fahrbahn unvermittelt eine Seilbahn (Gondeln wie im Skiurlaub), die das Landesinnere mit dem Hafengebiet verband. Wie in der Schweiz!
Erwähnenswert war auch eine Entdeckung an einer Tankstelle: Wie es bei uns WC-Container und Bürocontainer gibt, so gab es hier auch „Moschee Container“. Rechts ein kleiner Raum für Frauen und links ein deutlich größerer Raum für Männer. Drinnen einfacher Teppichboden, sonst keine Einrichtung. Hier wird der Islam augenscheinlich sehr praktisch gelebt!
Vielleicht etwas konstruiert: Von der „Schweiz“ mit den Höhen ging es für uns dann ziemlich rapide bergab. Philip entdeckte den zunehmenden Öl-Verlust an seinem Motorrad. Dramatisch war es nicht, aber sowas wird ja erfahrungsgemäß über die Zeit nicht besser. Schneller als der Ölverlust ging dann die Laune von Philip bergab. Und jeder der ihn kennt, weiß, dass das wirklich nicht gut ist.
Deshalb hielten wir in Trabzon 200 km vor der georgischen Grenze an. Wir fanden einen Werkstattbetrieb, der um 18:00 Uhr allerdings schon geschlossen hatte. Als wir vor dem Shop standen, riefen wir die Telefonnummer an, die wir dort fanden. Der Chef schickte seinen Mechaniker, der gerade beim Abendessen war. 30 Minuten später reinigt er schon unser Fahrzeug und begleitete uns im Anschluss zu einer anderen Werkstatt seines Freundes, der Ahnung von unseren alten Kisten hat. Sowas soll einem mal in Deutschland passieren. Allerdings hatten wir zwischenzeitlich bei Strauss&Gerken in Rethwisch angerufen, wo uns einer der Inhaber (auch ein Philipp) telefonisch auch gleich zur Seite stand und uns anbot, entsprechende Teile, wenn benötigt, zuzuschicken.
In der Werkstatt angekommen, wurden wir sehr herzlich aufgenommen und sofort wurde mit der Reparatur begonnen. Unser neuer Freund Ilhan ertrug es mit Gelassenheit, dass Philip sich ungefragt sofort einen Schraubenschlüssel schnappte und noch vor ihm am Motorrad rumschraubte. Langsam wuchs aber auch bei Philip das Vertrauen in seine Fähigkeiten. Nach einer guten Stunde war der Übeltäter identifiziert und ausgetauscht: eine Wellendichtung.
Während die zwei echten Männer an dem Motorrad bastelten, nutzte Claudius die Gelegenheit sich mit den Kunden und der Freundin des Werkstattbesitzers angeregt unterhalten. Dabei hat er dann auch sämtliche die Tee-Vorräte leer gesoffen. Wir überreichten natürlich unseren Aufkleber, der sofort zu anderen Aufklebern von Motorrad-Reisenden geklebt wurde. Und dann ein kleiner Aufschrei von Claudius: „Kinga war auch schon hier!“. Im Rahmen unserer Recherchen haben wir sie „kennengelernt“. Sie ist eine Ikone unter den Motorradreisenden. Alleine reiste sie von Australien nach Europa und hat alles im Internet unter „On her bike“ sehr professionell vermarktet. Einige ihrer Ziele haben wir auch auf unserer Liste. Und jetzt klebt unser Aufkleber neben Kingas. Sie war zum Reifenwechsel dort in der Werkstatt.
Ab 21:00 Uhr wurden wir in den lokalen Motorradclub eingeladen. Dieser war nur 16 Minuten von unserem Hotel entfernt und heißt „Rota 61“ (Route und Postleitzahl). Wir kamen uns erst etwas wie im Zoo vor (also wie die hinter den Gittern). Denn circa 30 türkische Motorradfahrer beäugten uns. Schon als wir ankamen, wurden wir aufwändig eingewiesen und von vielen mit Handschlag begrüßt. Man hatte wohl schon auf uns gewartet. Dann wurden wir auf zwei Stühle in die Mitte gesetzt und mussten erstmal erzählen. Zwei Biker sprachen recht gut Englisch und übersetzen für die andern. Unser Werkstattbesitzer und seine Freundin (Seher) gesellten sich etwas später auch dazu. Als Claudius anmerkte, dass wir bisher nicht viel gegessen hätten, wurde sofort der sogenannte „Secretary“ losgeschickt, um was zu essen zu holen. Der arme Kerl wurde sowieso dauernd durch die Gegend gescheucht, um allen Tee zu servieren, insbesondere uns. Das war wirklich eine ganz, ganz nette Runde, die sich dann gegen 23:00 Uhr auflöste. Wir verteilten diverse Aufkleber mit unserer Homepage. Der Traffic auf unserer Seite nahm schlagartig zu. Aber auch das Interesse nach unserer Instagram-Präsenz war stark.
Die Nacht verbrachten wir in dem Hotel „Sweet Home“. Unsere Suite mit zwei Schlafzimmern war einfach, aber mit 60 € sehr gut bezahlbar. Jetzt sitzen wir im Frühstücksraum und schreiben unserem Bericht.
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……..weiter so, Männer! Langsam gewöhne ich mich an meine Abendlektüre und freue mich schon den ganzen Tag über, von Euch zu lesen….!