Tage 26-30 / Goodbye Himalaya, hello Nepal!

Tag 26 / 28. September 2023

Philip schläft ganz gut durch. Claudius bringt es leider nur auf 4 Stunden. Zunächst liest Claudius im Handy die letzten Nachrichten von der Familie und informiert sich auf „Bild.de“ und „Tagesschau.de“ über den Stand der Dinge in der Welt. Dann wird es langweilig und er macht sich auf Wanderschaft durch das Camp. Leider ohne Brille, denn die hat er auf dem Nachttisch liegen lassen. Claudius will nicht zurückgehen, denn immer wenn jemand durch das Zelt läuft, reagiert der Bewegungsmelder und die im Hauptraum schlafenden Chinesen liegen quasi im Flutlicht. Draußen im Dunkeln ist es aber nicht so schlimm, wenn nicht alles scharf zu erkennen ist. Claudius ist da draußen nicht alleine. Die Höhe verhindert bei einer ganzen Reihe von den hier Anwesenden den Schlaf. Sie wandern wie „Untote“ durch die Gegend. Auch wenn Claudius es nicht scharf erkennen kann, zählt er locker 20, 30 oder gar mehr Schicksalsgenossen in der hoffentlich bald endenden Nacht. Es ist bitterkalt und Claudius wünschte, er hätte noch mehr warme Klamotten am Leib. Aber immerhin der Sternenhimmel ist atemberaubend. Endlich, nach einiger Zeit, macht der kleine Supermarkt auf, der in einem Container untergebracht ist. Die ersten chinesischen Nachtschwärmer kommen und holen sich Becher mit heißem Wasser -komisch- aber ohne Tee, oder Kaffee. Logischerweise fügt sich Claudius da in die merkwürdigen Riten ein und nimmt auch gleich mehrere Becher heisses Wasser. Mit ein paar Keksen, die man dort kaufen kann, ist es schon ein kleines, wenn auch bescheidenes Frühstück. Der Betreiber des Kiosks bleibt kurzerhand in seinem Bett liegen, das hinter der Kasse steht und bohrt sich genüsslich in der Nase, während er kassiert. Claudius setzt sich unterdessen auf eine von zwei Bänken im Laden und beobachtet das weitere Schauspiel. Hauptdarsteller ist der Besitzer, der ein Taschentuch lautstark, sicherlich mehr als nur voll macht und danach lauthals hustet. Seine offensichtlichen Gebrechen kuriert er mit einer Prise Schnupftabak. Aber auch die Kunden sind sehenswert. Vermummt bis zum geht-nicht-mehr, mit einer Sauerstoffflasche im Gesicht und teilweise in gebrochenem Englisch zu kurzen Gespräch aufgelegt. Chinesen essen übrigens auch zu dieser Uhrzeit gerne eine Bratwurst. Wer kennt das nicht?

Pünktlich um 07:15 Uhr treffen die ersten Tagesgäste noch im Dunkeln ein, um den Berg im Sonnenaufgang, der heute so gegen 8:00 Uhr sein wird, bestaunen zu können. Meist sind es, wie fast immer auf unserer Reise, Touristen aus China, genauer gesagt aus dem fernen Osten des Landes. Dieses Zeltlager entbehrt alles, was ein romantisches Gefühl aufkeimen lassen könnte, aber der Blick auf den Mount Everest ist es mehr als wert! Bis vor ein paar Jahren konnte man mit bis zum „echten“ Basislager der Bergsteiger und man konnte die Strecke sogar auch mit dem eigenen Fahrzeug bestreiten. Bing erzählte, dass dies noch eine Spur cooler war.

Bing sagte außerdem, dass unser nächstes Hotel nur ca. 2.000 m hoch läge und dort könnte man endlich mal wieder frei durchatmen. 2.000 m ist für uns der neue „Sealevel“, wie Philip verkündete. Selbst nach der kurzen Nacht auf knapp 5.000 m ist Claudius erstaunlich gut drauf. Man muss nur alles etwas langsamer machen, ja gaaanz langsam. Sauerstoff brauchten wir beide in dieser Nacht nicht, wir waren also wirklich zwischenzeitlich gut akklimatisiert.

Claudius jubelt innerlich. Endlich geht die Sonne auf und der Mount Everest zeigt sich in fahlem Licht. Jetzt werden auch überall die Hütten/Zelte angeheizt und in der Luft liegt der etwas beißende Geruch der Yack-Mist-Öfen, die uns aus Kirgistan so gut bekannt sind. Lhotse erklärt uns das Heizmaterial: Er zeigt uns getrockneten Dung vom Yack und daneben vom Schaf… „Das gibt mit der Mischung ein Spitzenfeuer“, grinst er. Philip denkt wieder an seine Geschäftsidee aus dem Jurtencamp in Kirgistan…

Claudius hatte ja schon im Kiosk gefrühstückt und Philip hatte keinen rechten Appetit auf Frühstück. Nachdem die Polen ein deftiges Frühstück mit Omelette und Fladenbrot vertilgt hatten, fahren wir wieder mit dem E-Bus nach unten und ziehen uns auf dem Parkplatz wieder unsere „Arbeitskleidung“ an. Den Mount Everest im Rücken geht es auf kleinen Nebenstraßen in Richtung der Grenze zu Nepal, die wir morgen queren werden. Etwas wehmütig schrauben wir uns vermutlich ein letztes Mal auf über 5.200 m hoch. Über die Helmkommunikation verfallen wir kurz in eine schöne Sentimentalität, versichern uns aber auch die Vorfreude auf Nepal und Thailand.

Wieder unten angekommen, halten wir vor einem Checkpoint an. Bing hatte uns das so in die Chat-Gruppe geschrieben… Vor uns war bereits Andrej dort angekommen. Kurze Zeit später kam einer der Mitstreiter alleine DURCH den Checkpoint: Zack – ROBERT, typisch! Nur wenig später bekommen wir Besuch von drei völlig überdrehten chinesischen Bikern, die mit uns unzählige Fotos machen wollen und sie auch kriegen. Von jetzt an fahren auch sie mit einem Aufkleber von Goodbye-comfortzone.de  an der Frontscheibe durch die Gegend und sind sehr stolz darauf!

Als deutlich später die anderen immer noch nicht am Checkpoint sind, versuchen wir es nach Absprache mit Bing auf eigene Faust. Der junge Zöllner spricht für chinesische Verhältnisse exzellentes Englisch, was die Kommunikation deutlich erleichtert. Am Ende sagt er uns jedoch, dass wir auf unseren Guide warten müssen. Wenn wir aber großen Hunger hätten, könnte einer von uns durch und zum Restaurant fahren und was holen. Der Kerl weiß wirklich, was Kundenfreundlichkeit ist! Auf die Frage, ob er denn sonst was für uns tun könnte, antwortete Philip auf Deutsch: „Ja, wir hätten gerne ein paar Big Macs!“ Da wir zwangsweise eine große Pause machen müssen, tauschen wir schnell noch die Glühbirne an Claudius Rücklicht, da bei ihm das Bremslicht nicht mehr so recht wollte….

Nach dem Checkpoint war es nicht mehr sonderlich weit bis zum Tagesziel. Die letzten Kilometer werden ja bekanntlich gerne im zügigen Galopp erledigt. Zunächst gegen die sinkende Sonne. Dann fuhren wir in einen tiefen Canyon. Neben der Straße schlängelte sich ein Fluss. Der rote Fels war deutlich höher als die Schlucht breit war. Malerisch und spektakulär, anders kann man es nicht sagen. Wir haben uns das auch mehrfach gegenseitig versichert…

Dann erspäht Claudius eine Abfahrt zum Flussbett, die befahrbar aussah. Als er die Abfahrt runter fährt, wartete Philip erstmal oben ab. Die Steine erschien ihm doch recht groß und zu schlecht befahrbar. Claudius kam sehr gut runter, posierte gekonnt vor zwei Grotten am Strom. Philip blieb oben, um die dann anstehende Auffahrt von Claudius zu filmen. Alles lief nach Plan, nur fand Claudius leider den Weg, den er runter genommen hatte von unten nicht mehr und blieb im Geröll stecken. Er suchte in zwei weiteren Anläufen die gute Auffahrt, drehte gekonnt noch eine Runde, aber irgendwie wollte es nicht mehr recht klappen. Letztendlich blieb er stecken. Der eine Pole, der immer verloren geht, wollte oben bei Philip im leichten Geröll umdrehen und fällt prompt auf die Seite, obwohl eigentlich nichts los war. Völlig überflüssig! Glücklicherweise kam auch Bing gerade vorbei, so dass Claudius, der noch malerisch im Geröll festsaß, auf drei starke Männer bauen konnte. Einmal fest angepackt und mit beherztem Dreh am Gasgriff setze sich Claudius Fuhre langsam bergauf wieder in Bewegung. Vielen Dank an die starken Männer!

Claudius Ausflug

Nach dieser Aktion änderte sich die Landschaft von Minute zu Minute. Es wurde wärmer und viel grüner. Heidi hätte gesungen: „Grüne Wiesen, Felder und Auen…“. Wo viel Futter ist, sind auch viele Tiere: Yacks, Kühe, Ziegen und Hunde. Regelmäßig mussten wir auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen. Nachdem wir in den letzten Wochen nur Trockenheit gesehen hatten, konnten wir uns an dem vielen Grün garnicht satt sehen. Die Krönung war dann ein riesiger Wasserfall, der plötzliche links an der Straße auftauchte. Natürlich halten wir an und es kam uns gerade recht, dass wir den Polen im Schlepptau hatten. Der kann uns beide ja gut vor dem Wasserfall fotografieren. Es dauert eine Ewigkeit, und dann legt er sich sogar auf den Boden für die richtige Perspektive. Hat es was genutzt? Nein!

Am Zielort für heute angekommen, deutet uns Lhotse an einer Einkaufsstraße stehend in eine Seitenstraße vor das Hotel. Kaum waren wir drin, mussten wir auch schon wieder raus, um auf unsere Motorräder aufzupassen. Ein riesiger LKW fährt rückwärts in diese kleine Straße ein und wir hatten große Sorgen, dass er unsere Motorräder umfährt. Er schien das aber schon diverse Male gemacht zu haben und durch helfende Einweiser gelang ihm das Manöver in der beachtlichen Enge ziemlich gut! In der Mitte der Straße gab es übrigens ein kleines Loch…

Abends lädt Bing alle als Dankeschön zum Essen in ein nepalesisches Restaurant ein. Es ist der letzte Abend mit Bing und Lhotse, da beide Guides uns an der Grenze verlassen werden. An einer langen Tafel werden uns wirklich leckere nepalesische Spezialitäten serviert. Später setzen wir uns zu den Rauchern draußen auf die Stufen und rauchen eine Zigarre. Unser tibetischer Guide Lhotse bestaunt die Zigarren und freut sich riesig, dass wir ihm morgen eine Zigarre mitbringen wollen.

Nach ein paar weiteren Bierchen beenden wir unseren letzten Abend in Tibet / China und sind gespannt auf das, was uns morgen in Nepal erwartet. Die Straße nach Kathmandu verspricht anders zu werden, als alles was wir bisher auf dieser Etappe gefahren sind. Ganz anders…

Tag 27 / 29. September 2023

Kaum sind wir wieder deutlich unter 3.000 m Höhe, wird wieder wunderbar geschlafen. Aber als wir aufstehen, regnet es vor unserem Fenster Hunde und Katzen. Wir denken positiv und hoffen, dass das aufhört, wenn wir aufbrechen müssen. Heute wird ein langer Tag und wir wollen zügig an die Grenze.

Unsere Guides benötigen noch eine Sondergenehmigung für das Grenzgebiet. Eine weitere Sondergenehmigung haben wir bereits, denn heute ist ein Feiertag, weil das Mooncake -Festival ist und eigentlich dann kein regulärer Grenzverkehr stattfindet. Hoffentlich können wir uns bald auf den Weg machen, denn der Weg ist lang – sogar besonders, wenn wir der Empfehlung von booking.com folgen:

Nach kurzer Fahrt stehen wir an der Grenze bei der Ausreise von China. Das Wetter ist eher tropisch heiß und feucht. Die Hänge der uns umgebenden Berge sind grün und durch das Tal fließt ein gut gefüllter reißender Fluss. Die Landschaft und Vegetation haben sich erneut komplett geändert. Vor der Grenze warten viele nepalesische LKWs, die prachtvoll geschmückt sind und mit Zeichen von deutschen Automarken nicht geizen. Die Hupen sind jeweils wie ein kleines Konzert.

Nachdem wir durch den ersten Posten zügig durchgekommen sind, warten wir jetzt an der Zollabfertigung in vorderster Reihe eine volle Stunde, weil alle Mitarbeiter gleichzeitig erstmal 1h Mittagspause haben. Wir sitzen im Schatten und 1 m vor uns versucht sich eine Echse an einem Apfelgriepsch.

Andrej, der Ducati-Mann schenkt uns eine Dose deutsches Bier, weil wir ja sicherlich Heimweh haben. Die hat er extra für uns gekauft, wirklich total nett! Dann ist die Mittagspause zu Ende und wir dürfen alles Gepäck, also Taschen und Boxen, von den Motorrädern abbauen. Auch bei der Ausreise wird das Gepäck durch den Scanner geschickt. Claudius Motorrad steht an einer Schräge. Als er geistesabwesend zunächst die obere Box abbaut, bekommt das auf dem Seitenständer stehende Motorrad Übergewicht und fällt um…. Gott sei Dank sehr langsam, er kann das ganze noch etwas abfangen und kein Schaden entsteht. Kleine Kratzer zählen nicht. Mit vereinten Kräften steht die alte BMW nur Sekunden später wieder fest auf ihren „Beinen“.

Die Einreise nach Nepal ist unkompliziert. Ab hier sind wir übrigens wieder organisatorisch auf uns gestellt. Der Deal mit Sambor galt „Border to Border“. Die Polen müssen noch ein „Visa on Arrival“ beantragen Wir haben das Visum ja schon in Deutschland besorgt und können weiter und unser „Carnet de Passage“ abstempeln lassen. Es scheint, dass der Zollbeanmte das noch nie gemacht hat… dazu kommen wir aber später noch…

Bis Kathmandu sind es nur 140 km… aber 140 km, die es wirklich in sich hatten. Kurz nach der Grenze ging es mit einem riesigen Matschfeld los. Große LKWs hatten nach Regenfällen tiefe Matschfurchen gezogen. Zögerliches Fahren endet wohlmöglich auf der Seite im Modder, sowas ist nicht schön. Wir erinnern uns an den Leitsatz unseres Offroad-Trainers Kalle Krause: „Lieber das Leben riskieren, als den Schwung verlieren“ und lassen das Hinterrad ordentlich rotieren! Kleiner Ausflug in die Physik: Der Kreiseleffekt eines drehenden Rades sowie der Vortrieb sorgen für Stabilität und verhindert das Umfallen! Für die Strecke von nur 140 km sollten wir tatsächlich fast 8 Stunden brauchen! Nach dem Matsch kamen die Schlaglöcher und Steine. Sie wechselten sich mit kleinen Wasserdurchfahrten und weggebrochenen Teilen einer kaum erkennbaren ehemaligen Asphaltstrasse ab. Auch hier gibt es Checkpoints. An einem dieser Kontrollpunkte fragten wir die Militärs nach der verbleibenden Zeit bis Kathmandu. Es sollten noch gut 3 Stunden sein ….. Kathmannpuuhhh!!! Aber in 60 Minuten würde es schon dunkel werden….Na Servus, das kann ja was werden! Vor der Dunkelheit wollte Philip noch sein Lenkkopflager letztmalig einstellen. Seine Laune war nicht die beste und er bat Claudius doch sehr nachdrücklich, die Diktiererei in sein Handy doch „bitte“ bis morgen sein zu lassen 🙂 .

So verschwinden wir zwei mit der untergehenden Sonne in der Dunkelheit. Claudius vorweg und Philip hinterher. Immer nur 1. oder 2. Gang bei Geschwindgkeiten um die 20 Km/h. Gut, dass man im Scheinwerferkegel nur die ca. 10 m vor sich sehen kann und nicht die 100 m, die es links neben der Piste in die Tiefe geht. Wie in Trance hoppeln wir über die Piste. Nachts lässt die Temperatur übrigens kaum nach. Bei immer noch 28 °C und bei gefühlten 200 % Luftfeuchtigkeit trocknet unter dem Helm und im Anzug absolut gar nichts. Im Gegenteil, wir ölen alles ordentlich ein. Alle 1-2 km tauchen ein bis drei beleuchtete Hütten auf. Davor sitzen Menschen und verbringen ihren Abend dort mit Wäsche waschen oder sie trinken nur ein Bier. Hunde und Hühner laufen vor den Hütten umher. Das bunte Treiben und die ebenfalls mit bunten Lichterketten erleuchteten Hütten erscheinen uns exotisch. Auf den zweiten Blick sieht man selbst im Dunklen aber die pure Armut, die das ganze Land prägt. Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt!  Dann verschwinden wir schon wieder in der absoluten Dunkelheit. Es ist wirklich etwas gespenstisch im Gebirgsdschungel hinein zu fahren. Nur bitte jetzt bloß keinen Plattfuß! Schnell weg mit dem Gedanken – think positiv. Die Fahrt strengt sehr an. Wir sind ziemlich fertig, vor allem in der letzten Stunde. Wir sind völlig durchgeschwitzt wegen der immer noch hohen Temperatur. Philip tun alle Finger weh, als ob er Gicht hätte. Er hat es dann auch auf den Punkt gebracht: Wir sind hier nicht schnell unterwegs, eher „Durch-Gezahnrad-Bahnt“ (muss man etwas häufiger lesen)!

in Kathmandu sind wir dann gefühlt stundenlang rumgekurvt, um das Hotel zu finden. Wir hatten über booking.com uns ein Hotel im Stadtteil „Thamel“ gebucht. Die Suche des Hotels führte uns im Kreis durch mit Motorrollern und Menschen überfüllte Gassen. Das ganze auch noch bei „Linksverkehr“ nach so einem Tag. Ein Alptraum hätte kaum besser gestaltet sein können. Dann hatten wir es endlich gefunden. Wir wollten auf die Auffahrt des Hotels fahren, wo unsere Motorräder sicher stehen können. Aber ein Pkw stand am Beginn der Einfahrt und ein Hotelbediensteter wollte, dass Claudius sich durch die viel zu enge Lücke zwischen Mauer und Auto durchschlängelt. Leider blieb er dort stecken und nur sein Anhänger aus Tibet, der seitlich an den Boxen baumelt, bewahrte das Auto vor größeren Schrammen. Also parkten wir lieber draußen. Danach bezogen wir schnell unsere Zimmer und gingen essen. In den trubeligen Gassen in Thamel finden wir nur wenige Schritte von unserem Hotel entfernt ein ordentliches Restaurant. Bei Pizza und Hühnchen zogen wir uns drei große Bier rein und waren am Ende ziemlich beseelt …. ohhh, ich habe so ein fühlsames Geseelt!…. Unsere polnische Reisegruppe, in deren WhatsApp-Gruppe wir natürlich noch sind, meldet auch, dass die ersten in Kathmandu angekommen sind. Was uns noch am Abend zum Staunen bringt: Sambor junior meldet eine Stunde vor uns, dass er angekommen ist… er war aber locker 30 min hinter uns an der Grenze. Zum einen muss er eine andere Strecke genommen haben und offensichtlich wie der Teufel gefahren sein… Respekt! Wir erfahren auch, dass zwei der polnischen Kollegen Reifenpannen hatten…

Tag 28 / 30. September 2023

Endlich wieder ordentliches Frühstück. Mit Toast, gutem Kaffee und Müsli. Und der erste Fluglärm seit Wochen, denn in China und im ländlichen Nepal scheint es keine Flugzeuge in „Sicht- oder Hörweite“ zu geben. Zumindest fällt uns auf, dass wir tatsächlich keine gehört oder am Himmel gesehen haben. Kein großer Verlust (wenn man nicht fliegen will)! Im Anschluss an das Frühstück schauen wir noch bei Sambor und Co. in deren Hotel vorbei, das auch in Thamel ganz in der Nähe liegt, vorbei. Wir wollen unseren Ölvorrat abholen, der auf dem Pick-Up von Sambor durch China gereist war. Auch bei den Polen haben alle die letzte Nacht auf der Piste gut überstanden. Einige sind nach dem langen Tag sogar noch in einen Club gegangen! Das wäre für uns unmöglich gewesen!

Anschließend sind wir mit unserem Spediteur „Eagle Export“ verabredet. Er soll unsere Motorräder nach Bangkok „verschiffen“. Auch wenn sie geflogen werden, heißt das so im Fachjargon der Logistiker. Den Kontakt hatten wir schon in Deutschland recherchiert und uns auch rechtzeitig aus Deutschland und dann nochmal aus China angekündigt, damit wir keine Zeit verlieren. Alleine in 2023 Jahr haben die Jungs schon über 45 Motorräder in die ganze Welt verschifft. Die Motorräder werden vor Ort gleich vermessen. Ein Tischler baut dann nach diesen Maßen möglichst kleine Holzkisten, in denen sie dann nach Bangkok/Thailand geflogen (verschifft) werden. Das Maß wird der Tischler aber nochmal persönlich überprüfen, dann kann er sich auch nicht rausreden, wenn die Kiste nicht passt. Im wesentlichen ging es heute deshalb um das sogenannte „Volumengewicht“ zur Kalkulation der Transportkosten. Dabei geht man davon aus, dass ein gewisses Volumen ein gewisses Gewicht hat. Das genaue Gewicht wird dann später auf einer Waage kurz vor Abgabe der Kisten ermittelt.

Alles gut geplant, dennoch ging was schief: Leider hat unser Spediteur einen „Fehler“ in unseren Carnet de Passages festgestellt. Das ist eine Zollversicherung, die einige Länder verlangen. Diese Versicherung garantiert dem Zoll eines Landes beim Aussteller (bei uns der ADAC) die von uns hinterlegte Kaution von 3.500,- € pro Motorrad zu bekommen, falls wir die Motorräder aus dem jeweiligen Land nicht mehr ausführen. Bei der Einreise nach Nepal wurde aber fälschlicherweise der „Export“ abgestempelt, statt der „ Import“. Wie berichtet, schaute der Zollbeamte an der Grenze völlig ratlos auf die Formulare. Philip wollte dem guten Mann ja nur helfen und zeigte auf dem Carnet SEHR BESTIMMT auf die Stelle, an der er bitte NICHT unterschreiben sollte, dumm gelaufen! Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“. Der Spediteur ist aber guter Dinge, dass man das hinbekommt. Wir verabreden uns für den nächsten Tag, um den „Amtsfehler“ auszubügeln.

Dann machen wir mit dem Spediteur noch den ganzen Papierkram fertig. Wir können nur hoffen, dass unsere Motorräder am Dienstag schon mit Cathy Cargo mitkommen, sonst würde es erst am Freitag klappen. Übrigens werden die Kisten mit den Motorrädern nicht direkt nach Bangkok fliegen, sondern einen winzig kleinen Umweg über Hong Kong machen.

Auch weiterhin diktiert Claudius alles Erlebte quasi in Realtime… Philip benötigt mittlerweile tagsüber schon größere Mengen Alkohol, um das gut ertragen zu können und mischt sich regelmäßig unflätig in die Diktate ein. Unser Aufkleber ist jetzt direkt auf der Eingangstür von Eagle Export in der Mitte platziert – quasi ist das jetzt unser Büro!

Die Rund-um-Sorglos-Betreuung ist super: Unterdessen läuft unser klapperdürrer Spediteur los und besorgt uns zwei neue Simkarten und richtet das Wunderwerk der Technik auch noch auf unseren Telefonen für uns ein. Endlich sind wir wieder für die Welt erreichbar, auch außerhalb unseres Hotelzimmers mit Wi-Fi. Auch hier ist wieder für einen Monat „mit Alles“ der gigantische Betrag von ca. 10 Euro fällig… Warum ist das in Deutschland noch mal so teuer???

Dann machen wir große Augen: Das Angebot für den Transport fällt deutlich höher aus, als erwartet. Die Erklärung dafür ist eine Mischung aus falschen Grundlagen von unserer Seite im Hinblick auf Maße und Gewichte, einer anderen Airline mit Umweg über Hong Kong und der Verhandlungsführung unserer „Cargo-Freunde“. Aber welche Wahl haben wir schon? Also Augen zu und durch! Auf dem nächsten Foto seht Ihr, wie Philip unsere Kreditkarte zückt.

Zwischenzeitlich sucht Claudius das WC auf und stellt fest, auch normale WCs zum sitzen müssen nicht unbedingt besser oder sauberer sein, als die Dinger zum stehen. Nur die Art und Weise der Benutzung ändert sich:

Wir schwingen uns wieder auf die zwischenzeitlich und insbesondere durch den Trip durch die nepalesischen Berge wirklich sehr verdreckten Motorräder. Die Polen haben uns einen Link für einen Carwash geschickt, da wollen wir jetzt hin. Der Ort war gut zu finden und Zeit hatten die Jungs für uns auch sofort. Umgehend nach Ankunft werden die Motorräder „beschneit“ und gewaschen für 200 Rupies, umgerechnet 1,42 € pro  Stück. Sowas kann man mal machen, wenn die Reisekasse auch noch so knapp ist. Übrigens an den Linksverkehr gewöhnen wir uns noch… das Abbiegen ist hier tückisch, vor allem weil hier eine durchaus respektable Verkehrsdichte herrscht.

Anschließend fahren wir nach Hause und erledigen gleich die nächste organisatorische Aufgabe: Wir bringen unsere Kleidung zu einer Wäscherei, um den Bestand an geruchsneutraler Wäsche aufzufüllen. Auch hier werden wir nicht arm, denn 3,5 kg Wäsche kosten umgerechnet nur 2,50 €.

Anschließend „fressen“ wir, anders kann man das nicht nennen, bei „ Kathmandu Burger“. Am Abend gibt es noch ein „Farewell“-Dinner mit unseren polnischen Freunden. Ein Teil der Gruppe fliegt nun auch wieder zurück, andere Fahren noch nach Mustang – auch eine sehr schöne Region in Nepal. Vorher schreiben und finalisieren wir noch Berichte im Hof unseres Hotels. Endlich dürfen wir wieder frei unsere journalistische Ader ausleben und auch noch publizieren!

Tag 29 / 1. Oktober 2023

Heute am Vormittag steht wieder einiges an Orga-Kram auf dem Programm. Zuerst kommt der Spediteur zusammen mit dem Tischler, der die Kisten bauen wird, ins Hotel. Er vermisst erneut die Motorräder und diesmal höchst persönlich. Dann fahren wir, ohne denTischler, zum Hauptzollamt in Kathmandu.

Dort angekommen, führt unser Spediteur in Landessprache irgendwelche Verhandlungen und erläutert die Situation mit unserem vom Zollbeamten falsch ausgefüllten Carnet. Wir sitzen brav alle drei wie die Hühner auf der Stange auf einem Sofa. Wir beide verstehen nur Bahnhof, schauen aber freundlich und lächeln. Der Beamte macht einen sehr ordentlichen Eindruck, hält Rücksprache mit seinem Kollegen und schließlich kommt noch ein Dritter hinzu, der vermutlich der Chef ist. Nach 15 Minuten fragen wir bei unserem Spediteur nach, der sich aber ziemlich bedeckt mit irgendeiner Aussage. Der Typ ist sowieso etwas komisch und wenig kommunikativ. Von selbst kommt da selten was, man muss es immer erst rauskitzeln. Außerdem kriegt er die Zähne nicht auseinander und nuschelt in sich hinein. Meist muss man vermuten, dass er Englisch spricht. Wenn man nicht direkt neben ihm steht, versteht man sowieso nichts.

Dann teilt er uns doch recht konkret mit, was wir jetzt tun müssen: Wir müssen weiter zum Zoll am Flughafen, um unser Problem dort auch noch anzusprechen. Hier scheint Teil der Lösung zu sein, dass jeder Beamte und jede Behörde das Thema erklärt bekommt und dann dazu auch gehört werden muss. Eine gute halbe Stunde bahnt sich unser Taxi, das sicherlich mehr Kilometer auf der Uhr hat als die Autos in Kirgistan, den Weg durch den dichten Verkehr Kathmandus. Die Taxis hier sind winzig, aber 4-türig. Die frische Waldluft ist wohl in dieser Stadt vergleichbar mit dem Klima eines staubigen Raucherzimmers, wenn nicht sogar schlechter! Die unzähligen Motorräder und Autos, die in einem fast harmonisch, chaotischen Miteinander gut auskommen, sind dafür sicherlich auch verantwortlich! Der Preis für die Taxifahrt beträgt ca. 3 Euro!

Auch beim Zollamt am Flughafen wandern wir von einer Stelle zur andern. Unser Spediteur hat einen Mittelsmann am Flughafen, der uns rumlotst und überall scheinbar gut bekannt ist. Schließlich wird ein handschriftliches Schreiben angefertigt, das das Problem mit dem falsch ausgefüllten Carnet ein weiteres Mal erklärt. Dann kommt auf das Schreiben eine Brief- oder Wertmarke drauf.

 Mit diesem Schreibung gehen wir wieder zur Hauptverwaltung zurück. Auf den 100 m dorthin erhalten wir eine Einladung von dem uns namentlich nicht bekannten „Zoll-Dschungel-Schleuser“ zu ihm zu Hause. Wir danken und sagen ab, wegen des engen Zeitplans. Dann fragt er noch, wo wir denn überhaupt herkommen!? Als Claudius entsprechend antwortet, klopft er Claudius auf den Unterarm und sagt grinsend „Yeah – Adolf Hitler!“ und streckt den Daumen nach oben! Soviel zum Ruf der Deutschen.

Jetzt werden wir mit dem Schreiben in das Büro des „Chief Customs Officer“ geführt. Endlich mal C-Level, wird’s jetzt klappen? Ganz anders als die bisherigen Kapeiken sitzt hier in einem sehr großen, repräsentativen Büro hinter einem sehr großen Schreibtisch ein gepflegter und gut gekleideter Mann, dem man seine bessere Stellung ansieht. Er lässt sich den Vorgang erklären, stellt Nachfragen und unterzeichnet letztendlich unseren Brief mit der Briefmarke drauf im Sinne von „ gelesen und genehmigt“. Dann entschuldigt er sich in aller Form dafür, dass wir solche Unannehmlichkeiten hatten. Na, wenn der wüsste, was Philip da mit dem Finger…..egal, wir wollen ihn da ja jetzt nicht bremsen! Er verabschiedete sich mit den Worten, dass er auch schon mal in Berlin zu Besuch war, und wenn es noch irgendwelche Probleme gibt, regelt er das. Netter Mann!

Wer nun denkt, dass mit der Unterschrift des Obermuftis alles erledigt sei, der irrt! Auch die Unterschrift des Chefs muss noch an verschiedenen Stellen begutachtet und AUSGIEBIG besprochen werden. Und dann kommt was Bemerkenswertes zum Schluss: Der finale, so sehr von uns begehrte Stempel liegt für jeden zugänglich auf einem Tischchen im Hauptdurchgangsflur zu den Toiletten. Unser Laufbursche kann diesen ohne weitere Rücksprache benutzen und der Vorgang ist endlich nach insgesamt 3,5 Stunden abgeschlossen. Mit etwas mehr Entschlossenheit und der Kenntnis vom Stempel im Flur hätten Philip und Claudius das ganze Procedere auch schneller abschließen können 🙂 Aber : Andere Länder, andere Sitten.

Unser Laufbursche bekommt noch schnell auf Vorschlag unseres Spediteurs als Dankeschön 1.000 Rupies in die Hand gedrückt. Das entspricht etwa 7 Euro. Leistung muss ja belohnt werden.

Zurück im Hotel gönnt sich Philip ein Nickerchen und Claudius setzt sich unten ins Hotel und trinkt einen Kaffee. Während er fröhlich in sein Handy diktiert, wird er von einem jungen Mann aus Kuwait angesprochen, der gebürtiger Inder ist. Er hatte unsere Motorräder schon gesehen und entschuldigte sich sehr, dass er Claudius nun ansprechen würde. Am Ende kamen die beiden schnell ins Gespräch und der indische Kuwaiti war sehr interessiert an unserer Tour. Er lud Claudius zum Bier ein und vertröstet dauernd am Telefon seine Freundin, die irgendwo in der Stadt auf ihn wartete. Zum Schluss wollte er gern ein paar Selfies machen. Anfänglich nahm er das Gespräch per Video auf, den Rest dann nur per Audio. Auch er berichtete seinerseits von seinem Abenteuer, nämlich von seiner kürzlichen Besteigung des Annapurna (Berg im Himalaya). Zum Schluss bot ihm Claudius an, ein Foto auf dem Motorrad zu machen. Er war im siebten Himmel, umarmte, ja liebkoste sinnlich (von hinten) das Motorrad und KÜSSTE es mehrmals auf den Tank. Er streichelte es wie eine Frau – Objektophilie vom Feinsten! Das war dann auch für Claudius etwas zu schräg ab diesem Zeitpunkt!

Nach der ganzen Anstrengung haben wir uns eine Belohnung verdient. Auf Empfehlung unseres Hotelmanagers haben wir uns tatsächlich 250 m ins Getümmel gestürzt. Dann ging es die Treppen hoch ins Massage-Paradies …. für hiesige Verhältnisse war die Massage relativ teuer mit 21 € für 90 Minuten. Aber der Laden war auch 1A sauber und selbstverständlich gab es hier NUR Massage.

Im Vorbeigehen entdeckte Claudius einen Laden, der Aufkleber hatte. Endlich auch welche mit der Fahne von Nepal für unsere Koffer. Für einen Bogen mit vier Flaggen wollte er umgerechnet 3,90 € haben/550 Rupies. Aber nicht mit uns, das ist zu teuer. Deshalb jaulte Claudius bei dem Preis gleich auf. Wir sahen uns schweigend an und Philip sagte 250 Rupies. Der Mann nickte mit dem Kopf und das Geschäft war besiegelt.
Unseren Verhandlungserfolg feierten wir in einem asiatischen Restaurant, das im 1. Stock gelegen war. Claudius aß ein thailändisches rotes Curry und Philip nur einen Mangosalat. Er hatte sich irgendwie mittags mit der Pizza überfressen. So richtig in Trinkform waren wir aber beide nicht mehr, die Bierflaschen blieben halb voll. Wir bestellen also schnell die Rechnung. Darauf steht eine bittere Erkenntnis des Alters: Soweit ist es schon mit uns gekommen. Beide können wir die Rechnung nicht lesen, zu klein. Philip vergrößert mit seinem Handy den Bon.

Zum Abschluss des Abends essen wir sündhaft teures Mövenpick-Eis und können dabei auf der Terrasse davor sitzend wunderbar eine Alkoholkontrolle auf der Straße beobachten. Zwei Rollerfahrer hat es schon erwischt.

Tag 30 / 2. Oktober 2023

Gegen 11:30 Uhr sind wir mit dem Spediteur zum Zerlegen und Verladen der Motorräder am Zollgebäude beim Flughafen verabredet. Wir fahren eine halbe Stunde vorher los und bahnen uns den Weg durch den Linksverkehr, hier wird um jeden Zentimeter gekämpft unter den Autos und Kleinkrafträdern. Große Motorräder, wie unsere, gibt es kaum. Groß heißt hier schon über 125 ccm Hubraum. da sind wir mit unseren 1.000 ccm schon die absolute Macht. Deshalb gesteht man uns vielleicht auch 3 cm mehr Platz zu als den anderen. Wer kollidiert schon auch schon gerne mit einem Elefanten?

Es herrschen um die 30 °C und wir sind voll in unserem Element – gemeint ist der Schweiß, der unsere Klamotten durchdringt. Mit deutscher Pünktlichkeit wartet unserer Spediteur bereits am Eingang des Cargo Terminals. Auch hier ist die deutsche Logistik verbreitet. Hier stehen Transportfahrzeuge mit der Aufschrift „DHL – Deutsche Post“. Das steht nicht nur drauf, sondern so sehen Sie auch aus. Sauber und ordentlich lackiert! Nur die Automarke kennt bei uns kein Mensch.

Am Ende der Laderampe stellen wir die Motorräder ab und beginnen mit der Teilzerlegung : Lenker ab, Spiegel ab, Koffer ab, Vorderrad raus, Lampenmaske weg, vordere Kotflügel ab. Alles um die Motorräder so klein wie möglich verpacken zu können. Dann werden Paletten angeliefert, die liebevoll zusammengeschustert sind. Die Motorräder werden drauf geschoben und wir lassen noch den größten Teil des Sprits aus den Tanks ab. Das ist bei unseren Bikes zum Glück sehr einfach. Neugierige Zuschauer finden sich überall und die alten PET-Flaschen (Cola, Wasser und Sprite) mit dem Sprit verschenken wir an die Jungs. Zum Schluss wird etwa die Hälfte der Luft aus den Reifen gelassen, damit sie in der Höhe im Flugzeug nicht platzen. Darauf wären wir nicht gekommen, hätten wir nicht einen erfahrenen Spediteur. Vielleicht war der hohe Preis doch günstiger, als wir gedacht haben.

Während der Montage auf den Paletten kriegt der eine Tischlerlehrling gleich mal eine Ohrfeige von seinem  Chef. Ups! Die Kisten passen nicht, sie sind nicht hoch genug gebaut. Wir sind gespannt, wie DIE das lösen! Nicht unser Problem, denken wir zumindest. Am Ende müssen wir den Lenker ganz abbauen und die Biester werden vorne mit Druck von vier Männern so tief eingefedert, dass wir Sorge um unser Öl und Dichtungen in den Federbeinen haben. Selbst die Polizei mit Drogenspürhunden sieht interessiert zu, während als letzte Amtshandlung noch die Batterie von uns abgeklemmt wird. Während wir werkeln, geht draußen die Welt unter! Wir hätten wirklich keine Stunde später zum Flughafen fahren dürfen.

Auch unsere Carnets erhalten noch den Export-Stempel (diesmal durch uns ganz genau geprüft!). Auch hier im Lagerhaus, rettet uns wieder die Tüte mit Erdnüssen von Claudius quasi vor dem verhungern. Während Philip schraubt, serviert Claudius Kraftnahrung.

Beim Zusammennageln der fast um Haaresbreite zu kleinen Kiste bricht immer wieder freundschaftlicher Streit aus und zwei der fünf (!) „Zimmerleute“, die die Wände und Deckel der Kisten nun montieren, schubsen sich etwas herum. Dann wird die Kiste mit zwei Spanngurten verzurrt und händisch von dannen geschleift und zum Wiegen auf eine Waage gewuchtet. Nur mit Manneskraft. Ergebnis 330 kg. Jetzt wissen wir auch, dass unsere Motorräder voll getankt und mit uns drauf und allem Gepäck ca. 430 kg wiegen! Die Prozedur hoch auf die Waage ist die erste Bewährungsprobe für die Kisten. Und das Rotzen der Leute nach dem erledigten Kraftakt auf den Boden mit vorangegangenem Hochziehen ist eine Bewährungsprobe für unsere guten Manieren!

Nach 2,5 Stunden sind die Motorräder verpackt und verschwinden zum Durchleuchten! Hilflos können wir nur noch durch den Maschendrahtzaun zusehen, wie auf der anderen Seite des X-Rays der Gabelstaplerfahrer die Kisten nicht richtig hoch bekommt und sie schwer in Schieflage geraten. Dies bei der ersten Kiste genauso wie bei der zweiten, nix dazu gelernt! Aber die Zöllner retten die Situation mit gelangweiltem zugreifen. Der Stapler von Jungheinrich (deutsches Fabrikat) wird hoffentlich besser als der Fahrer mit eben genau dieser Gründlichkeit auf unsere Motorräder aufpassen.

Während wir auf auf den Abschluss der Formalitäten durch unseren Spediteur am Flughafen warten, beobachten wir das Treiben um uns herum. In Europa wird ja jede Ware auf Paletten oder in Containern bewegt. Hier ist das nicht der Fall. Jedes einzelne Paket oder jeder einzelne Sack wird händisch aus LKWs ausgeladen, auf die Waage geschleppt, zum Xray getragen oder wieder eingeladen. Auf den Waren stehen Orte wie Hongkong, Bristol, New York und Portland.

Mit dem Taxi geht es dann zurück nach Hause durch den schrecklichen Verkehr und die immer irgendwie nach Abgasen riechende Luft. Eine Fahrt im Taxi von 30 Minuten hat sicherlich die gleiche gesundheitliche Auswirkungen wie eine Schachtel Zigaretten.

Das anschließende späte Mittagessen in der Stadt endete in einem Fiasko für Claudius Psyche…. Das Essen war sehr gut, nur etwas wenig. Deshalb kauften wir uns in einer Bäckerei noch eine Kleinigkeit. Der junge Mann dort wollte alles über unsere Reise wissen und fragte Claudius schließlich, ob er „Ringer (Wrestler)“ sei, er würde so gerade dastehen und hätte auch so ein dicken Bauch! Gut, dass Claudius nicht so zimperlich ist, sonst hätte er sich gleich erschossen!

Bis zum Abend schreiben wir im Restaurant wieder einen Bericht für den Blog zuende. Seitdem wir unsere Motorräder abgegeben haben, regnet es nämlich mal mehr, mal weniger stark.

Unser neuer Freund Carsten, den wir auf Empfehlung aus Hamburg von Jürgen Grieschat kennen gelernt haben, und der unser Herbergsvater in Chiang Mai/Thailand sein wird, gibt uns per WhatsApp unermüdlich einen Tipp nach dem anderem und schickt uns Touren für unser Garmin-Navi. Er ist das perfekte Reisebüro für uns. Der Plan ist, wenn wir rechtzeitig in Bangkok loskommen, Carsten nördlich von Bangkok zu treffen und mit ihm in 2-3 Tagen auf drei Motorrädern nach Chiang Mai zu fahren, wo er wohnt. Er kennt die schönsten Routen und hat Bekannte auf dem Weg, die wir kennen lernen sollen. Das ist echt der Lottogewinn!

Jetzt ist es 22:41 Uhr und wir machen eine spontane Planänderung – wir fliegen nicht übermorgen, sondern schon morgen nach Bangkok. Kathmandu haben wir irgendwie für uns abgefeiert und sind heiß auf neue Eindrücke in Bangkok. Claudius war ja schon mal da, Philip aber noch nicht. Internet sei Dank, sind Flugbuchungen nur ein paar Klicks entfernt.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Christoph

    Unglaublich, was Ihr erlebt – habt Dank für das so genaue Schildern Eurer so speziellen Reise – man glaubt beim Lesen Eures Tagebuches fast selbst mit dabei gewesen zu sein – Hut ab für Eure gute ‚Schreibe‘ – reist problemlos weiter!!!
    Herzlichst
    Christoph Hess

  2. Egbert

    Die Gegend ist wirklich sehr beeindruckend, wie der höchste Berg auf der Erde auch, den Ihr nah genug gesehen habt. Man kann aus Kathmandu etwa eine gute Stunde mit dem Auto früh morgens an einen Ausblickpunkt ( Dulikhel oder ähnlich ) fahren und von dort den Berg bei gutem Licht am Morgen auch bewundern. Haben wir uns 1971 !!! reingezogen, wie wir heute sagen würden.
    Ihr seid wirklich wilde Jungs, die hoffentlich viel Spaß haben und die Zivilisation in Deutschland danach wieder ertragen oder gar genießen könnt. Wir , mit Marion , freuen uns dann auf ein Wiedersehen!

  3. Axel

    Der Satz „Philip benötigt mittlerweile tagsüber schon größere Mengen Alkohol“ hat mich geschafft, das mit dem Handy kann ich mir gut vorstellen 😉

    Und das Lektorat hätte den Satz vielleicht auch noch in „Philip benötigt mittlerweile schon tagsüber größere Mengen Alkohol“ geändert ;-);-)

    Viel Spaß in Thailand!

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