NEEEIIIINNNN !!!!!! Claudius hat soeben den fast fertigen Bericht versehentlich gelöscht – jetzt schreibt er ihn halt noch mal 🙁 Noch so ein Ding und wir verschicken den Newsletter handgeschrieben mit der Post 🙂
Tag 8
An diesem Morgen kommen wir erst um 11:30 Uhr vom Hotel los. Das Schreiben des letzten Berichtes hat viel Zeit in Anspruch genommen. Es ist doch aufwändiger als man denkt mit dem Rekapitulieren, Formulieren, Korrekturlesen, Formatieren, Fotos sichten ….und und und und. Aber der Aufwand scheint sich zu lohnen, denn zunehmend bekommen wir mit, dass sich viele auf unseren Bericht freuen und die Art und Weise Der Berichterstattung gut finden. Danke!
Nachdem der Bericht online gegangen ist, mussten wir noch das Visum für Aserbeidschan online beantragen. Das hört sich einfacher an, als es ist. So muss man seinen Pass abfotografieren und im richtigen DateiFormat und Größe einfügen. Die persönlichen Angaben sind in die nötigen Formulare einzufüllen. Auch das bezahlen hört sich mit der Visakarte leichter an als es ist. Gut, dass Philip auf dem Laptop noch flinker ist, als mit dem Mundwerk.
Dann gab es eine erste Inspektion von Philips Maschine. Das gute Stück ist Gott sei dank trocken geblieben, das Öl bleibt erstmal da wo es hingehört.
Vor uns lag eine Distanz von circa 200 km bis zur georgischen Grenze. Auf der Fahrt gingen uns natürlich die wildesten Fantasien bezüglich der Grenzformalitäten durch den Kopf. Würde es wieder einfach werden, wie an der Grenze zur Türkei, oder stehen wir stundenlang im Stau vor der Grenze und müssen uns mit unfreundlichen Zöllner rumschlagen!? Irgendwie fährt unterschwellig doch immer bei Grenzübertritten ein ungutes Gefühl mit. Den unangenehmsten hatten wir wohl vor einigen Jahren in der Ukraine, hier wurden wir ziemlich auf links gekrempelt.
Wie auch in den Tagen zuvor, wurden wir auch auf dieser Etappe mehrmals von unseren Freunden von der „POLISI“ angehalten. Von Weitem erkennt man schon die Verkehrskegel, die die Straße auf eine Spur verengen. Am Ende steht ein Männchen in gelber Warnkleidung und daneben eine Knastkutsche mit laufendem „Blaulicht“, welches hier aber in weiß, rot und blau leuchtet. Angriff ist die beste Verteidigung – deshalb plappert Claudius, der meist als erster fährt, in ungebremster Charmoffensive drauf los: „Hello, we are from Germany/Alemania -going to Sydney/Australia.“ Das Gespräch läuft dann mehr oder minder immer nach dem gleichen System ab. Polizist: „Sydney??? Long way !!!! Passport + License please!“ Wir klopfen dann immer nur auf unsere Koffer und sagen: Yes, in there! Man darf nur keine Aktivitäten entwickeln, die Dinger rauszuholen. Denn das würde die Prozedur nur verlängern. Bisher haben sich die Jungs immer damit zufrieden gegeben. Nachdem die ersten Formalitäten geklärt sind, packen viele der gelben Männchen ihre Deutschkenntnisse aus: „Gutes Fahrt“ oder „Tag schön noch“ präsentieren sie ihr Können grinsend. Der Knaller war ein Polizist, der Philip beim Abfahren aus 10 m hinterher rief: „Ich liebe dich!“ die Jungs sind uns wirklich ans Herz gewachsen und immer eine nette Abwechslung im Fahralltag. Fast freuen wir uns schon auf diese Kontrollen.
Philip war an diesem Tag offensichtlich gut für Knaller: An einer roten Ampel wurde er aus einem Auto heraus auf Deutsch angesprochen. Es entwickelte sich ein kurzes Gespräch. Zum Ende der Ampelphase fragte Philip den Fahrer dann, woher er denn so gut Deutsch könne? Antwort: „Ich bin Deutscher! Philip peinlich berührt zurück: „Ach ja, das erklärt einiges! „Über die Helm Kommunikation bekommt man solche Gespräche ja gut mit und Claudius liefen schon die Tränen runter. Bei einem anschließenden Mittagessen bei McDonald’s wurde „Ich liebe dich“ und „Ich bin Deutscher!“ nochmal ausführlich belacht – ganz großer Spaß!
Auf den letzten 50 km vor der Grenze wurde der Verkehr sehr dünn. Ab und zu gab es große Parkplätze mit LKWs, die wohl deutlich vor der Grenze auf Abfertigung warteten. Einige Kilometer vor der Grenze begann dann die obligatorische kilometerlange LKW Schlange. Es war gut zu wissen, dass die Jungs nun hinter einem waren.
Bei der Ausreise aus der Türkei kamen wir mit den Leuten hinter uns ins Gespräch. Claudius sprach sie an, weil sie gemäß Nummernschild aus Aserbaidschan waren und unsere Einreise nach Aserbaidschan mit den Motorrädern ja noch unsere offene Flanke ist. Sie bestätigten uns mit Händen und Füßen und unserem Übersetzungsgerät, dass die Landesgrenzen weiterhin wegen COVID geschlossen sind. Wir hätten die Möglichkeit, die Motorräder auf LKWs zu verladen und müssten dann selbst von Tiflis in Georgien nach Baku in Aserbaidschan fliegen. Dank Claudius‘ Freund Andreas und unserem Bekannten Jürgen, der wegen seiner zahlreichen Motorradreisen nach Russland und in den ganzen wilden Osten auch „Juri“ genannt wird, haben wir Kontakte und Speditionen benannt bekommen, die unsere Motorräder vielleicht transportieren können. Den ganz genauen Plan müssen wir uns jetzt erarbeiten. Gott sei Dank gibt es E-Mail und Internet!
Die Abfertigung in der Türkei kam dann etwas ins Stocken, weil Claudius noch Autobahngebühren in Höhe von circa 40 € nachzahlen musste. Weiß der Teufel, wo die uns erwischt haben und warum Philip nichts auf dem Kerbholz hatte. selbst der Zöllner amüsiert sich prächtig, dass nur einer von uns bei gleiche Route die A-Karte gezogen hat. Auf jeden Fall wurde Claudius locker eine halbe Stunde von Pontius zu Pilatus geschickt: Erst zum Cash-Office. Dort konnte man allerdings nicht mit Karte zahlen, das Kartenlesegerät war kaputt. Dann ging es zum Amtszimmer 3. Claudius erklärte mit Händen und Füßen das Zahlungsproblem. Antwort: Speak Turkish! Wie witzig!!! Auch am Amtszimmer 4 war er nicht erfolgreicher, aber zumindest war sein Gegenüber sehr freundlich. Dann erbarmte sich ein junger Zöllner auf Englisch und brachte Claudius auf die andere Seite der Abfertigung zu einem Geldautomaten. Dann wieder zurück zum Cash-Office – Geld eingezahlt, fertig! Das alles war kein Spaß bei der Wärme in kompletten Motorradklamotten! Aber – wer die Zeche prellt, muss eben leiden 😉
Die Einreise nach Georgien ging relativ zügig. Wir mussten einmal unsere Koffer öffnen, dann wurden wir schon zur Passkontrolle weitergeleitet. Auch da ging es sehr zügig und freundlich von statten. Hoffen wir mal, dass alle Grenzübertritte so problemlos bleiben…
Direkt hinter der Grenze kamen sofort diverse Nepper, Schlepper und Bauernfänger auf uns zu und wollten Taxifahrten anbieten, Geld wechseln oder Versicherungen verkaufen. Tatsächlich haben wir dann erstmal die türkischen Lira in Landeswährung Lari (GEL) gewechselt. Der Kurs war natürlich eine Katastrophe, aber diskutieren hilft da nichts, oder man hat keinen Nerv darauf in der Situation und wir wollen am Ende der Reise auch nicht Restgeld in 5 verschiedenen Währungen haben. Eine Versicherung war aber wichtig, weil unsere deutsche Versicherung hier im wilden Osten keine Deckung mehr gibt und selbst wenn sie es täte, es obligatorisch ist eine zu kaufen. Kurzerhand wurde hier auch noch über das Handy ein Hotel für die Nacht gebucht. Dann kurz noch E-Mails checken und das Handy ausschalten, weil unsere deutscher Tarif hier uns schneller verarmen ließe, als man es sich vorstellen kann. Deshalb steht in Batumi auch eine hiesige SIM-Karte ganz oben auf der Shoppingliste.
Die kurze Fahrt von 16 km nach Batumi war spannend. Kaum ein paar Kilometer hinter der Grenze, war alles anders als in der Türkei. Alles war etwas grüner, die Gebäude waren in einem ganz anderen Stil und alles schien etwas belebter und freundlicher. Auch der Verkehr war nicht mehr so offensiv drängelig. Verkehrsregeln gibt es auch hier eher nur auf dem Papier. Aber man fuhr ganz entspannt, wenn Platz war. Ohne Hupen und ohne drängeln wurschteln sich alle durch. Auf den Straßen befinden sich Unmengen an Kühen, Schweinen und anderen Viehzeugs – sogar fast bis ins Stadtzentrum.
In Batumi angekommen, bezogen wir unser Familienzimmer im „Surf-Hostel“ (Ohne Tageslicht, aber mit Fenstern, die zu einem 30 cm tiefen Zwischenraum führten, über den irgendwie Frischluft dort hinkam). Die Motorräder konnten wir sicher im Innenhof parken. Müde schleppen wir uns noch zu einem Restaurant, um was zu essen. Schließlich hatten wir nach unserem kargen Frühstück fast nichts mehr gegessen. Dort war es sehr lecker. Bei Claudius war es schön scharf. Und bei Philip gab es viel zu viel von dem ihm verhassten Koriander. Claudius aber liebt das Zeug.
Ach übrigebns, das ist auch wichtig: Batumi ist+2 MESZ
Claudius beim Frühstück in Mestia
Tag 9
Am nächsten Morgen standen wir wieder um 7:00 Uhr auf, um möglichst schnell das Thema mit den SIM-Karten abzuarbeiten. Diese kosteten uns 7 Dollar pro Stück (Für eine Woche unbegrenztes Datenvolumen). Frühstück gab es im Hostel nicht, und weit und breit hatte noch kein Geschäft geöffnet. Nur in einem winzigen sogenannten „Market“ konnten wir süß gefüllte Blätterteigtaschen erstehen. Dank unserer Campingausrüstung konnten wir uns dann Kaffee in der Gemeinschaftsküche des Hostels machen.
Batumi und Georgien gefielen uns im Ganzen besser als die Türkei. Es war städtischer, belebter, freundlicher und gelassener. Außerdem können wir wieder durchschlafen, ohne ständig vom Muezzin wachgeschallt zu werden! Erwähnenswert ist auch die georgische Schrift. Sie hat nichts mit unserer lateinischen oder mit der kyrillischen Schrift zu tun. Claudius hat sie Schlangenschrift getauft. (Foto)
Nun saßen wir endlich wieder auf den Motorrädern und es ging Richtung Mestia im großen Kaukasus, das wegen seiner hunderte Jahre alten Wehrtürme UNESCO Weltkulturerbe ist. Fast jede Familie hatte so einen aus Naturstein gemauerten Turm, in den sie sich zurückziehen konnten, wenn unten durch Angreifer Gefahr drohte.
Die Fahrt nach Mestia war großartig und bisher unser Highlight. Zunächst ging es über kleine geschwungene Straßen durch kleine Dörfer, über Flüsse und im Slalom um unzählige Kühe, Gänse, Hunde, Pferde, Schweine und was auch noch für Viehzeug und deren Hinterlassenschaften. Da passten die beiden Affen auf zwei Motorrädern gut in die Szenerie. Am Horizont kamen die schneebedeckten Berge des großen Kaukasus immer näher und unsere Vorfreude wuchs von Kilometer zu Kilometer.
An einer Tankstelle bekamen wir per E-Mail das erste Angebot für den Transport der Motorräder von Georgien nach Aserbaidschan – 250 $ pro Motorrad. Außerdem schrieb uns die Vertretung der deutschen Handelskammern in Aserbaidschan, dass sie recherchiert hätten und die Ausreise per Fähre über das kaspische Meer möglich ist. Der Stein auf unserem Herzen hinsichtlich des Transits durch Aserbaidschan kam also so langsam ins Rollen.
So gegen 15:00 Uhr/16:00 Uhr erreichten wir dann den Fuß der Berge. Von hier an ging es etwa 100 km eine kleine Landstraße in die Berge hoch. 100 km sind eine verdammt lange Strecke, wenn die Straße von Schlaglöchern gesäumt ist und teilweise die Fahrbahnoberfläche nur noch als offroad zu bezeichnen ist. Die Ausblicke entschädigen aber für alles – befinden uns im 7. Himmel der Motorradfahrer! Lediglich die georgische Landbevölkerung nervt, wenn sie mit wenig PS, dafür aber mit ordentlich Km/h an einem dicht vorbei ballert. Der Blick in den Rückspiegel ist also megawichtig. Der hinten Fahrende warnte per Helmkommunikation immer vor überholenden Fahrzeugen und der vorne vor Schlaglöchern, wechselnden Belag und Tieren. Insbesondere der vorne war quasi auf Dauersendung. Wir nannten das unseren NDR-Verkehrsfunk!
In Mestia kamen wir erst gegen 18:00 Uhr an und mussten uns ein Hostel suchen. Hier gab es auffallend viele Touristen, die den Ort als Ausgangsbasis für Exkursionen in den großen Kaukasus nutzten. Die Suche nach einer Unterkunft hat etwas Zeit in Anspruch genommen und der Magen hing uns auf Kniekehlenhöhe. Aber auch dafür gab es schlussendlich eine Lösung und der Abend wurde bei einer Zigarre auf dem Balkon beschlossen.
Dieser Beitrag hat 9 Kommentare
Toller Bericht! Und 2x schreiben ist natürlich blöd, wird dann aber scheinbar auch gut?
BTW, schön wäre noch eine Karte eurer Tagesroute(n)…
Was für ein Abenteuer! Fahrt ihr von Mestia noch nach Uschgulli?
Tolle Fahrtberichte! Bringt großen Spaß zu lesen und euch so zu begleiten. Die Mühe, sie anzufertigen lohnt sich allemal. Jetzt für uns und später ja auch für euch.
Viel Glück weiterhin und ich freue mich auf die nächsten Berichte.
Rainer („dein Tennisvertreter 🙂
Macht weiter so, es ist die Mühe wert und wir verfolgen gespannt wie es weitergeht ??
Sehr schön, wie fleißig Ihr schreibt! Die Sache mit dem Motorradclub finde ich sehr gut, ihr scheint Euch die richtige Strecke ausgesucht zu haben! Hoffentlich wird die Covid-Einreisesperre doch noch aufgehoben. Bin gespannt, wie es sich in Aserbadjan entwickelt. Wollen die eigentlich auch schon in die Nato?
Vielen Dank für den tollen Bericht. Alles Gute weiterhin.
Habe alles gelesen und vermute das Abenteuer wird immer spannender!
nicht dem Leben mehr Tage geben……sondern den Tagen…..
?♂️?john volker
Große Freude und wunderbar geschrieben, vielen Dank ??
Fotos sind ?
Grüße Werner
Großartig! Ich fühle mich fast wie auf dem Sozius!